Phoenix aus der Asche

Ein Großbrand zerstörte im November 2021 große Teile des Betriebsgeländes von Dietrich Mobility in Wenden. Statt den Kopf in den Sand zu stecken entschied sich Firma Dietrich für einen Neubau. Es entstand ein hochmodernes Nutzfahrzeugzentrum.

Eigentlich war die Lebensplanung von Uwe Dietrich eine andere. Doch dann kam das Feuer und diese lösten sich in Rauch auf. Am Donnerstag, 4. November 2021 entstand gegen 13.30 Uhr in der Nutzfahrzeugwerkstatt ein Brand, den man zunächst mit eigenen Mitteln zu löschen versuchte. „Anfangs dachte ich an eine Brandschutzübung, doch dann wurde schnell der Ernst der Lage klar. Nachdem wir mehr als 10 Feuerlöscher verbraucht hatten, gab ich das Kommando „Alle raus“. Die Fahrzeuge waren nicht mehr zu retten“, erinnert sich Uwe Dietrich an die dramatische Situation. Da die Lkw in der Werkstatt alle nicht fahrbereit waren, wurden 28 Fahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen, 11 größtenteils neue Lkw waren komplett verbrannt. Durch die Lage direkt am Autobahnkreuz Olpe Süd und der A4 führte der Brand sogar zu einer Autobahnsperrung. Die Feuerwehr hatte es nicht nur mit der Brandbekämpfung zu tun, sondern musste auch die Tankstelle auf dem Areal sowie rund 250.000 Liter Diesel und Heizöl sichern, um eine Umweltverschmutzung größeren Ausmaßes zu verhindern. Die Nachlösch- und Sicherungsarbeiten dauerten noch 3 Tage bis Sonntag an.

Hilfe von allen Seiten

„Es war für uns alle ein Schock, aber schon am Brandtag stand für uns fest, dass wir den Betrieb aufrechterhalten wollen“, so Dietrich. So wurde der Pkw-Bereich aus der vom Feuer verschont gebliebenen noch stehenden zweiten Halle in die Werkstatt eines befreundeten Unternehmers ausgelagert, der noch Hebebühnen frei hatte. „In der einstigen Pkw-Halle behalfen wir uns dann mit Radgreiferanlagen, da ja keine Gruben vorhanden waren, und konnten so den Lkw-Service, wenn auch mit Einschränkungen aufrechterhalten“, schildert Dietrich, „auch dank der Hilfe vieler Werkstattkollegen, die uns mit Equipment wie Testgeräten aushalfen“. Und schließlich hat Dietrich noch die Verantwortung für 65 teils langjährige Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze er erhalten wollte.

So kam es schon fünf Tage nach dem Brand zu ersten Gesprächen zum Wiederaufbau. Projektleiter Thomas Müggenborg von Borgers erinnert sich: „Am 9. November kam die Anfrage von Dietrich Mobility in unser System, am nächsten Tag fand das erste Telefonat statt und eine Woche später der erste Ortstermin. Auf Borgers kam der Unternehmer auf Empfehlung eines Geschäftspartners, der bereits mit dem Generalunternehmer unter anderem den Volvo-Nutzfahrzeugbetrieb in Euskirchen gebaut hatte. „Wir haben uns nach den ersten Gesprächen verschiedene Betriebe von Borgers angeschaut. Man merkte sofort die Erfahrungen im Schwerlastbereich, da gab es schon Detaillösungen, auf die der normale Bauunternehmer wahrscheinlich nicht kommt“, so Dietrich. Zunächst musste man jedoch noch die Antwort der Versicherung abwarten und ob die Versicherungssumme reicht. „Wir mussten noch einiges an eigenen Mitteln beisteuern, doch es war eine Investition in die Zukunft. Wir haben heute hier am Standort die modernste Lkw-Werkstatt zwischen Köln und Frankfurt. Wenn man schon auf diesem Niveau investieren muss, dann aber so, dass auf lange Sicht Ruhe ist“, sagt Dietrich und ergänzt: „Der Verbrennerausstieg ist beschlossen, wir sind dafür gerüstet“. So finden sich heute mehrere Ladestationen mit bis zu 300 kW Ladeleistung für Lkw und Pkw auf dem Gelände.

Gelände optimal genutzt

Mit dem Bau der Lkw-Werkstatt wurde bereits im Mai 2022 begonnen. Uwe Dietrich betont die schnelle Taktung der Schritte bis zum Baubeginn. Herr Clemens, Bürgermeister der Gemeinde Wenden und auch das Bauamt vom Kreis Olpe versprachen dazu die schnelle Bearbeitung und hielten ihr Versprechen. „Innerhalb von drei Monaten nach dem Brand wurde ein fertiger Plan eingereicht, der Bauantrag gestellt und Innerhalb 6 Wochen nach Einreichung der Bauunterlagen, war die Baugenehmigung erteilt, schildert Dietrich. Dabei ging es auch um die Genehmigung eines Trafos mit 1600 kW für die Ladestationen, die Vergrößerung der Tankstelle auf die doppelte Kapazität und die Errichtung der Ladesäulen, „das musste alles konzeptionell fertig sein“, so Dietrich. Daneben liefen schon Verhandlungen mit dem TÜV Rheinland, der eine fest eingerichtete, öffentliche Station für Hauptuntersuchungen erhielt. Bezüglich der neuen Werkstatthalle zeigten sich schnell besondere Anforderungen seitens Dietrich. Die ursprüngliche Idee eines Anbaus an das Verwaltungsgebäude wurde wieder verworfen. „Es fiel dann in einem Treffen die Entscheidung, eine neue Lkw-Halle im hinteren Bereich des Grundstücks zu bauen und so lange den Betrieb in der alten Halle aufrecht zu halten“, so Projektleiter Thomas Müggenborg. „Das war die richtige Entscheidung, denn auch die Parksituation auf dem Gelände konnte so entzerrt werden. Wir haben jetzt hier insgesamt 17.000 qm, wo eine entspannte Parksituation herrscht. Zuvor konnten wir nur rund 50 Prozent der Fläche nutzen“, ergänzt Dietrich.

Gruben als Rückhaltesystem

War der Anlass auch eine Katastrophe, so nutzte Dietrich die Gelegenheit, einen hochmodernen und zukunftsorientierten Betrieb zu errichten, in dem der Unternehmer seine eigenen Vorstellungen umsetzen konnte. Dabei ging es ihm nicht nur um die neue Werkstatt, vielmehr hatte Dietrich eine Gesamtidee, die Werkstatt, Verkauf, Verwaltung, TÜV, Ladekonzept und vieles mehr enthielt. So wurden in der Werkstatt für eine bessere Beweglichkeit der Mitarbeiter überbreite Gruben verbaut, in denen die fahrbaren Grubenheber auf Schienen laufen. Die Gruben werden über festverrohrte Frischölleitungen mit Zählern versorgt, auch das Altöl wird direkt abgeführt. Zusätzlich sind alle Gruben, wie die ganze Werkstatt, mit einer Fußbodenheizung versehen.

„Das spart Energie und die Mitarbeiter fühlen sich wohler“, so Dietrich. Gleichzeitig dienen die Gruben in Zukunft als Rückhaltesystem für Löschwasser und sind dazu untereinander mit 300 Millimeter dicken Rohren verbunden, damit sie gleichmäßig volllaufen können. Der Bremsenprüfstand weist ebenfalls Überbreite auf, um auch Sonderfahrzeuge wie Autokrane prüfen zu können. Ein Deckenkran, zentrale Versorgungseinheiten für Flüssigkeiten aller Art, die strategische Positionierung des Kompressors, moderne LED-Lichttechnik mit Dachlichtband, eine Photovoltaikanlage und die damit betriebene Wärmepumpe sind weitere Details. So können zeitgleich rund 20 Zugmaschinen, verteilt auf drei Gruben und den Standplätzen mit Radgreiferanlagen repariert werden. „Die Durchlaufzeiten verkürzen sich in der neuen Werkstatt erheblich. Allerdings merken wir das nicht, weil ungleich mehr Aufträge reinkommen. Dann kommt natürlich noch das Neuwagen-Geschäft dazu, dass ja mit Umbau- und Umrüstarbeiten verbunden ist“, erklärt Dietrich.

Neben individuellen Anpassungen betreffen die Umbauarbeiten vor allem das von Dietrich entwickelte „Living“-Konzept, bei dem die Fahrerkabine Wohnmobil-ähnlich umgebaut wird. Weiteres Highlight ist der Aufbau der papierlosen Werkstatt. „In Zukunft loggt sich unsere Annahme automatisch auf einen Lkw ein, sobald er auf das Gelände kommt. Dann wird über WLAN der Fehlerspeicher ausgelesen und die Daten auf das Tablet des Monteurs übermittelt. Auch Auftragserweiterungen lassen sich so einfach durchführen und dokumentieren“, erklärt Dietrich. Das System befindet sich derzeit aber noch im Aufbau.

Spezialisten gefragt

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal wird der Quarantäne-Platz für havarierte E-Fahrzeuge sein. „Das Thema wird, auch durch unseren Abschleppdienst, immer wichtiger. Bei rund 2.000 Einsätzen im Monat kommen immer häufiger auch diese E-Fahrzeuge zu uns. Der Quarantäne-Platz ist zur Zeit die einzige auch baurechtlich genehmigte Abstellfläche im weiteren Umkreis. Volvo Trucks ist einer der Marktführer im Bereich E-Lkw, aus den Paket-Verteilzentren und auch Autovermietungen kommen jede Woche E-Lkw in unsere Werkstatt. Die Mitarbeiter sind geschult, mit allein fünf 3S-geschulten Mechanikern können wir mit unserer E-Kompetenz punkten“, erläutert Dietrich. Da das Unternehmen auch neue und gebrauchte Nutzfahrzeuge der Marken Ford Trucks, Volvo Trucks, Renault Trucks verkauft, hat man neben dem Verwaltungsgebäude gleich einen Verkaufs-Showroom für die Fahrzeugauslieferungen errichtet, der ebenfalls seines Gleichen sucht.

„Man hat gespürt, dass man mit einem Spezialisten baut. Borgers hat mit den Lieferanten die Details geklärt, seien es der Bremsenprüfstand, die Lagerregale oder die Positionierung des Kompressors. Da wären normale Betonbauer hoffnungslos untergegangen“, lobt Dietrich die Zusammenarbeit. „In einer solchen Ausnahmesituation braucht man einen Spezialisten, der einem möglichst viel abnimmt, zumindest bauseitig“, fügt Müggenborg an. „Das ist auch gelungen. Der Bau ist völlig autark gelaufen. Es gab alle zwei, später alle vier Wochen Baubesprechungen mit dem Bauleiter Thomas Finke und die dort festgelegten Punkte wurden umgehend und ohne Rückfragen umgesetzt“, ergänzt Dietrich.

Komfortable Lösung

Das Gesamtkonzept des Wiederaufbaus beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Werkstatt. Das Verwaltungsgebäude wurde durch den Brand und die Löscharbeiten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Im Juli 2022 beschloss man eine Revitalisierung des Gebäudes, mit der nach der Fertigstellung der Werkstatt im März 2023 begonnen wurde. Das Gebäude wurde bis auf den Rohbau entkernt und anschließend mit modernster Haustechnik nach KfW 70 EE-Standard wieder aufgebaut. Rund ein Viertel der Kosten kamen über die KfW-Förderung zurück. Und obwohl die Werkstatt sogar nach KfW 55-Standard gebaut wurde, gab es hier keine Fördermittel, da diese im Januar 2021 gekappt wurden. So beliefen sich die Gesamtinvestitionen auf rund 7,5 Millionen Euro.

Rückblickend fasst der Unternehmer zusammen: „Ein Projekt in dieser Größe mit all den Besonderheiten ist ohne Generalunternehmer und Bauleitung nicht möglich. Es bleiben noch genug Entscheidungen am Bauherren hängen, die er zu bewältigen hat. Die Lösung über einen Generalunternehmer ist sehr komfortabel. Die Fairness, die dabei Borgers an den Tag legte, auch bei Arbeiten, die nicht vom Bauvertrag umfasst waren, haben mich beeindruckt. Stets alles transparent und nachvollziehbar. Was man ja ebenfalls selten gewohnt ist, exakt hat man sich an die veranschlagte Bausumme gehalten.“


Dietrich Mobility in Zahlen

Dietrich Mobility

Auf dem Ohl 2

57482 Wenden

Geschäftsführung: Uwe Dietrich, Marc Nedecky

https://dietrich-trucks.de/

Mitarbeiter: 65

davon Azubi: 4

 

Neubau einer Lkw-Werkstatt, Neubau einer LKW Fahrzeugübergabe, Showroom und Anbau TÜV-Station, Revitalisierung des Verwaltungsgebäudes.

Planung und Ausführung: Borgers GmbH

Gesamtinvestition: ca. 7,5 Mio. €

Grundstücksgröße: 17.000 qm

LKW Werkstatt inkl. Lager, Verwaltung, Technik- und Sozialräumen: ca. 1.500m²

Grubenlänge/-breite: 27 x 1,10 Meter

Anzahl Gruben: 3

Verkaufsraum: ca. 70m²

TÜV Werkstatt PKW: ca. 100m²

Fahrzeugübergabe LKW: ca. 135m²

Geschossfläche Verwaltung: ca. 375m²

Weitere Infos zum Neubau der LKW Werkstatt

Weitere Infos zum Neubau LKW Fahrzeugübergabe und Anbau TÜV PKW mit Info und Büro sowie Umbau des Verwaltungsgebäudes