Terracamper GmbH - Alles außer gewöhnlich

Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens in Calden hat sich mit der Terracamper GmbH ein Unternehmen für ganz spezielle Reisemobile niedergelassen. Speziell war auch der Auftrag für Borgers. So ist eine maßgeschneiderte Produktionshalle entstanden.

Es gibt Menschen, denen ist im Urlaub mit dem Reisemobil die Straße nicht genug. Campingplätze sind für sie sowieso passé, sie wollen eins mit der Natur sein. Wo Straßen enden, beginnt das Abenteuer und dafür braucht es geeignete Gefährte. Genau die bauen Kanittha und Lars Cramer in ihrem neuen Unternehmen in Calden. Mit der Produktion von individuellen Reisemobilen unter dem Namen Terracamper haben die beiden Diplom-Ingenieure ihre eigenen Vorstellungen von unabhängigem Reisen in die Tat umgesetzt und einen kompletten Neustart gewagt. Unterstützt wurden sie dabei vom Generalunternehmen Borgers, das ihnen eine Produktionshalle mit angrenzendem Bürotrakt und Showroom errichtete.

Neustart in Calden

Bis die Familie Cramer 2019 die Markenrechte für Terracamper-Fahrzeuge vom Vorbesitzer übernahm, haben sie selbst mit ihrem eigenen Fahrzeug der Marke Terracamper in rund fünf Jahren die Welt erkundet. „Wir kannten so die Stärken und Schwächen der Fahrzeuge gut und hatten auch schon einiges selbst verändert. Außerdem entstand ein sehr gutes Verhältnis zum Markenbesitzer. Als er sich von einer der beiden von ihm vertretenen Marken trennen wollte, sprach er uns an. Und obwohl ich eigentlich aus der Solarbranche komme, hat mich das Thema sehr interessiert“, so Lars Cramer. So stürzten sich die Cramers in das nächste Abenteuer, kauften Markenrechte, Zeichnungen und Unterlagen für Terracamper-Fahrzeuge und zogen von Null ein neues Geschäft auf. Sobald die Geschäftsübernahme in trockenen Tüchern war, begann parallel die Standortsuche. Saß der Vorbesitzer noch im Ruhrgebiet, suchten die Cramers im Raum Kassel einen geeigneten Bauplatz und wurden auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Kassel-Calden fündig. Um möglichst schnell einsteigen zu können, begann das Unternehmen zunächst in einem Schnellbauzelt, in dem zum Jahreswechsel 2019/20 die Produktion anlief.

Schlüsselfertige Lösung 

Gleichzeitig ging man die Suche nach einem geeigneten Bauunternehmen an, welches die Anforderungen erfüllte. So war eine kurze Bauzeit gefragt, um schnellstmöglich von der Übergangslösung „Zelt“ zu einem geordneten Produktionsablauf in einer Halle zu kommen. Diese sollte möglichst auf einem bestehenden Baukastensystem aufbauen und die ausführende Firma sollte ein Generalunternehmen sein. „Wir wollten nicht jedem Handwerker hinterherlaufen müssen, sondern alles schlüsselfertig aus einer Hand haben. Da wurde die Auswahl schon eng“, so Cramer. So blieb am Ende nur das Generalunternehmen Borgers übrig, das alle Vorgaben erfüllen konnte. Auf der Basis eines Steckbriefes mit den wichtigsten Eckdaten kam es 2019 zu ersten Gesprächen. Projektentwickler Jörg Ziegler: „Wir bekamen eine klassische Anfrage über unsere Homepage. Hier machen wir es den Interessenten leicht, nach wenigen Klicks steht die Anfrage in unserem System und der entsprechende Vertriebsmitarbeiter nimmt Kontakt auf“, so der Borgers-Mitarbeiter. Es folgte zügig ein erster Entwurf, „der entsprach schon in weiten Teilen unseren Vorstellungen, es ging lediglich noch um Details“, erinnert sich Lars Cramer, und weiter: „Hilfreich fand ich auch die Referenzprojekte auf der Borgers-Homepage, die uns die große Bandbreite der Objekte verdeutlichte. Da wir als Neueinsteiger anfangs auch nicht wussten, wie groß wir planen müssen, war es sehr nützlich, jemanden mit viel Erfahrung an der Seite zu haben“.

Maßanfertigung

Dass es sich um einen Produktionsbetrieb, und nicht wie üblich um eine klassische Werkstatt oder ein Autohaus handelte, stellte die Borgers-Mitarbeiter vor neue Herausforderungen. „Tatsächlich war der Betrieb keine Standardlösung, sondern an vielen Stellen sozusagen eine Maßanfertigung.“, so Jörg Ziegler rückblickend. So war beispielsweise eine Zentralzufahrt gefordert, statt der üblichen Reihe an Werkstatttoren. Auch die verschiedenen Einheiten in der Halle waren in der Ausprägung nicht gewöhnlich, etwa das große, den Produktionsanforderungen geschuldete Lager, die übergroßen, einzelnen Arbeitsplätze oder der Maschinenraum. Der Showroom fiel aufgrund der eingeschossigen Bauweise ebenfalls anders aus, als man es von den Galerie-bewährten Ausstellungshallen im Autohaus kennt. „Das waren alles nicht die großen Herausforderungen, aber wir mussten an der ein oder anderen Stelle schon umdenken“, so Ziegler. Lars Cramer ergänzt: „Die spannende Frage in der Findungsphase war: wie baue ich eine Produktion auf? Zu der Flexibilität und dem Platz an den einzelnen Arbeitsplätzen zu kommen, war ein langer Weg. Zum Glück hatten wir ja noch die Produktion im Zelt laufen, wo wir das ein oder andere testen konnten. Heute sehen wir: es passt alles“.

 

Optimaler Produktionsablauf 

Ein Fahrzeug verbringt zwischen 10 bis 12 Wochen bei Terracamper. Dabei muss das Fahrzeug nicht die Halle verlassen, sondern wird zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen verschoben. Ein wichtiger Punkt, denn die Fahrzeuge werden zunächst komplett entkernt und Dächer herausgetrennt. Die so bis auf das Blech gestrippten Karossen wären im Freien schutzlos der Witterung ausgesetzt. So kam es auch zu der Lösung mit der Zentralzufahrt, statt der üblichen Werkstatttore. Lediglich ein seitliches Tor ist als Servicezufahrt und Redundanz vorhanden, falls das Haupttor mal eine Funktionsstörung haben sollte. Weitere Vorgaben von Lars Cramer waren die großzügigen Arbeitsplätze und die Abtrennung zu lauten Arbeitsbereichen. „Man muss bei geöffneten Türen um das Fahrzeug laufen können, denn so ist der Normalzustand am Arbeitsplatz. Ständiges Öffnen und Schließen kostet zu viel Zeit. Und der Lärm aus dem Fräsraum ist den anderen Mitarbeitern auf Dauer nicht zumutbar“, erklärt Cramer. Dabei handelt es sich hier um einen der wichtigsten Arbeitsplätze, denn alle Formteile für den Innenausbau stellt Terracamper selbst her.

Nachhaltiges Energiekonzept

Auch energieseitig machte man sich viele Gedanken. Eine große 100 kW Photovoltaikanlage auf dem Dach ist mittlerweile in vielen Bundesländern schon Pflicht und gehört bei Borgers zum Standard. Diese versorgt die mit 50 kW Heizleistung außergewöhnlich große Wärmepumpe, mit der man die ursprünglich vorgesehene Gasheizung aufgrund der Marktlage ersetzte. „Mittlerweile bieten wir bei Borgers keine Gasheizungen mehr an“, so Jörg Ziegler. Lediglich als Puffer hat man im Technikraum noch eine Gastherme installiert. Überschüssig produzierter Strom wird in einem 30 kWh-Batteriespeicher aufgefangen. „Wir haben seit April 2023 keinen Strom mehr dazugekauft“, so Cramer, „jetzt kommt der erste komplette Winter, in dem wir die Heizleistung testen können“. Auch die rund 10 kW Abwärme der Fräsmaschinen wird über einen Lüfter mit Umschaltklappe zu den Deckenlufterhitzern in die Werkstatt geleitet, so dass die Gastherme relativ selten zum Einsatz kommen dürfte. Im Bereich des Ausstellungsraumes, der Büros und der Sozialräume wurde eine Fußbodenheizung verbaut.

Innovation bis zum Fußboden

Apropos Fußboden: auch hier gab es für das Team um Jörg Ziegler ein Novum. Statt dem für Werkstätten üblichen Rüttelboden, wollten die Cramers eine Bodenbeschichtung, die maschinell zu reinigen ist. „Wir haben nicht die hohen Belastungen und schmutzigen Autos wie in einer Werkstatt, eine Beschichtung der Bodenplatte erschien uns ausreichend“, so Lars Cramer. Auch in der Ausstellung wollte man nicht den üblichen Fliesenboden, „das passt überhaupt nicht zu dem, was wir hier machen“, begründet Cramer. So findet sich im Showroom ein mehrschichtiger Boden aus Epoxit-Harz mit eingestreuten Chips. „Der Boden sollte im Hintergrund stehen, wir wollen ja Fahrzeuge zeigen. Er sieht aber trotzdem klasse aus, ist robust gegenüber Reifenspuren und spiegelt nicht“, schildert Cramer.

Erfolgreicher Projektabschluss

Das Ergebnis nach rund einem Jahr Bauzeit zeigt, dass Borgers auch Herausforderungen problemlos meistert. „Es handelt sich eben nicht um den klassischen Caravan- oder Wohnmobilbetrieb, sondern um ein Gebäude, dass wir in dieser Konfiguration noch nicht gebaut haben“, so Jörg Ziegler. Trotzdem hat man die Vorgaben der Bauherren voll erfüllt: „Wir wollten kein Architektenwunderwerk, trotzdem erfahren wir viel positive Rückmeldung zur Gestaltung von den Kunden. Das Gebäude wirkt stimmig und wertig, mehr muss nicht“, so Lars Cramer zum Abschluss.

Kennzahlen:
Terracamper GmbH
Flugplatz 19
34379 Calden

Geschäftsführung: Kanittha und Lars Cramer
Bausumme Produktionsstätte mit Ausstellung: ca. 1,8 Mio. €
Mitarbeiter: 7
Grundstück: ca. 8.000 qm
Hallengröße: ca. 1.500 qm (66 x 22 Meter)
Höhe Werkstatt: 5,50 Meter
Breite Arbeitsplätze: 5,50 Meter
Fläche Produktion: ca. 850 qm
Fräsraum: ca. 100 qm
Showroom: ca. 250 qm

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